PROGRAMM
Pierluigi Billone
FACE Dia.De
für 2 Frauenstimmen und 8 Instrumente (2019) (Uraufführung) (65′)
Ein Kompositionsauftrag von PHACE, Wien Modern und Berliner Festspiele / MaerzMusik – Festival für Zeitfragen
Mit finanzieller Unterstützung durch das BKA.
PRESSE
„Begeisterung im Mozartsaal des Konzerthauses! „Ein Rausch, ich bin ganz besoffen, so schön war das“, begeisterte sich ein Herr in der Garderobe nach der Uraufführung von Pierluigi Billones 65-Minuten-Stück „FACE Dia.De“, einem Kompositionsauftrag von PHACE, Wien Modern und den Berliner Festspielen. (…)„Emilio Pomàrico steuert Sänger und acht Musiker des hervorragenden Ensembles PHACE, das im Wiener Konzerthaus zu Hause ist, durch die ungeheuer komplexe Partitur. Sie erinnert an ein Ritual an einen „kultischen Raum“. (…)FACE Dia.De war ein erster Höhepunkt des Festival Wien Modern.“ (Karlheinz Roschitz, Kronenzeitung, 7.11.2019)
„Das 65-minütige Werk für zwei Stimmen, Saxophon, Posaune, E-Gitarre, Klavier, Schlagwerk, Cello und Kontrabass verarbeitet keinen Text, sondern lässt den Gesang in vorsprachlichen Rhythmen und Lauten fließen. Anna Clare Hauf und Annette Schönmüller entlocken ihren Stimmen mit selbstverständlicher Virtuosität ein riesiges Spektrum an Lautäußerungen zwischen expressiver Vokalise und gaumigem Gegacker, das famose Ensemble „PHACE“ unter der inspirierten Leitung von Emilio Pomàrico konzentriert die flirrenden, mal schwerelosen, dann explosionsartig sich entladenden Klänge zu einer rauschartigen Dichte.“ (Regine Müller, NMZ, 2/2020)
Nach der abendfüllenden Komposition FACE für Stimme und Ensemble (2016) für PHACE folgte mit FACE Dia.De für zwei Frauenstimmen und 8 Instrumente (2019) (65′) die logische Fortsetzung dieser fruchtbringenden Zusammenarbeit. Immer wieder hat sich Billone in der Vergangenheit mit der Stimme auseinandergesetzt. Was Billone in diesen früheren Werken intendierte, kann man fast unverändert bis in die Gegenwart fortschreiben. Das Werk sei »als Forschungsreise und Weg konzipiert«, »Jede Station auf dem Weg ist ein Kreis: ein einzigartiger Moment, rituell geöffnet und wieder geschlossen, der einen Raum im Innern der Stimme und des Gesangs ›gräbt‹.« Mit der Dimension des Rituals eng verbunden ist die extreme Körperlichkeit von Billones Musik, ob es sich nun um Instrumental- oder um Vokalmusik handelt. Der Interpret agiert bei Billone in einem hohen Maße mit ›Ganzkörpereinsatz‹. In Face ist diese Tendenz auf die Spitze getrieben. »Es geht um die Schwingung des Körpers und den Klang der Stimme«, so der Komponist. Alle anderen Aspekte treten demgegenüber in den Hintergrund. Gerade in seiner über weite Strecken ›instrumentalen‹ Behandlung des Vokalen ist Billone also ganz nah an jenem innersten Kern des Singens, der die Stimme als die körperlichste aller musikalischen Ausdrucksformen konstituiert.
(mit Auszügen aus einem Text von Rainer Pöllmann über Billone und FACE anlässlich der deutschen Erstaufführung beim Festival Ultraschall 2017)
Pierluigi Billone über seine Komposition
»›FACE Dia.De‹ ist der zweite Teil meiner Komposition ›FACE‹ für Stimme und Ensemble aus dem Jahr 2016. Der erste Teil des Titels, ›FACE‹, leitet sich vom alten italienischen Wort für Licht bzw. Stern und vom englischen Begriff für Gesicht ab. Der zweite Teil, ›Dia.De‹, zeigt an, dass die Stimme hier immer eine Dyade ist, also eine Entität, die aus zwei untrennbaren Teilen besteht. Dia und De sind auch intime Reverenzen an Diamanda Galas und Demetrio Stratos, zwei griechische Sänger, die ihre Existenz zu einem Abenteuer der Stimme gemacht haben. Es gibt keinen Text. Der Gesang fließt nach seinen eigenen Rhythmen und formt, vor dem Erscheinen des Wortes, frei seine eigenen Akzente. Es ist ein konstanter Stimmfluss, bei dem eine Stimme immer auch die andere beinhaltet; es sind plurale, vokale Akte, die im Körper und aus dem Körper heraus entstehen. Sie sind autonom, präverbal; sie sind der Hintergrund und das Fundament, auf dem jedes Wort (s)einen Platz finden könnte; doch ist es hier nicht notwendig. Ebenso ist kein literarischer oder intellektueller Bezug notwendig, um dem Gesang zu begegnen, der in seiner Vollständigkeit und Autonomie in einer Region ruht, die das Wort nur begrenzen kann.« (Pierluigi Billone)