Seid umschlungen, Millionen!

1. Mar. 2025 //19:30
Premiere

3. Mar. 2025 //19:30
4. Mar. 2025 //19:30

Johann Strauss 2025 Wien
REAKTOR

Liquid Loft
Luke Baio, dance/ choreography
Andreas Berger, composition/ soundconcept
Valentina Diaz, social media
Kim Dong Uk, dance/ choreography
Stefan Grissemann, text
Chris Haring, artistic director/ choreography
Roman Harrer, stage management
Verena Herterich, dance/ choreography
Thomas Jelinek, light design/ scenografie
Cornelia Lehner, companie management
Michael Loizenbauer, video
Katharina Meves, dance/ choreography
Dante Murillo, dance/ choreography
Anna Maria Nowak, dance/ choreography
Stefan Röhrle, costume
Judith Thaler, production
Hannah Timbrell, dance/ choreography

PHACE
Petra Ackermann, viola
Manuel Alcaraz Clemente, percussion
Stefan Obmann, trombone
Maximilian Ölz, bass
Roland Schueler, cello
Doris Nicoletti, flute
Reinhard Fuchs, artistic director
Markus Bruckner, production
Michael Eder, promotion

with musical fragments by
Franck Bedrossian,
 Pierre Jodlowski, Lorenzo Troiani
and Johannes Brahms.

Eine utopische Ballnacht – ein futuristischer Tanzball

 

„Die Zeit ist aus den Fugen“ – das Gestern tanzt sich mit dem Morgen warm. Eine „utopische Ballnacht“ steuern Liquid Loft und PHACE dem Festjahr bei – eine im Geiste des Komponisten gehaltene Etüde in Esprit und Euphorie. Strauss, Wiens Walzerkönig, komponierte sein Tanzstück Seid umschlungen, Millionen! 1892: zehn Minuten des Überschwangs, des Idealismus und der Weltversöhnung. Die Jahrhunderte überspannt auch die freie musikalische Bearbeitung des Strauss’schen Spätwerks, in der elektronisch Präpariertes sich mit Live-Musik verbindet. Menschen tanzen und musizieren, Klang und Bewegung werden eins im Ballsaal des historischen Futurismus. Der Titel des Walzers geht auf Friedrich Schillers Ode An die Freude zurück, auf ein Gedicht, in dem der Traum von einer „beßren Welt“, einer Demokratie des Götterfunkenflugs, intakt ist: Dieser Kuss gehört, wie Schiller vorschlägt, der ganzen Welt.

Man sollte sich, wenn eine der Phantasmagorie zugeneigte Truppe wie Liquid Loft und das Neue-Musik-Ensemble PHACE gemeinsam ans Werk gehen, um die bald zweieinhalb Jahrhunderte alte Kulturform des Walzers weiterzudenken, keine der handelsüblichen Sentimentalitäten, keine wohlfeilen Retro-Gesten und keine fidelen Dreivierteltaktiken erwarten.

Der Begriff des „Gesellschaftstanzes“, der dem Walzer anhaftet, wird in diesem Zusammenhang unerwartet produktiv, denn die sozialen – und damit politischen – Aspekte scheinbarer Unterhaltungs- und Vergnügungstechniken sind hier von hervorgehobener Bedeutung: Es geht in den dunklen Szenenfolgen um Autoritäts- und Klassenverhältnisse, um eine assoziative Analyse der von Michel Foucault ausgerufenen „Mikrophysik der Macht“, des unseligen Zusammenspiels alltäglicher, auf Subjekt und Körper wirkender Zug- und Druckkräfte. Man bespielt eine Galerie der Wunsch- und Angstbilder, anschließend einen Ballsaal der Sinnestäuschung: In den Bildräumen dieses Abends wird eine Reihe von Wahrnehmungsexperimenten vollzogen. Die Bilder kippen, in aller Ruhe, von ihren mysteriösen Soundtracks nicht so sehr begleitet, als vielmehr kühl seziert. Die Kunstsparten greifen indes ineinander, mischen sich im Sog einer Choreografie und Kino, Skulpturales, Malerisches und Musikalisches planvoll durcheinander wirbelnden Inszenierung.

Immer wieder erstarren die Tänzerinnen und Tänzer, jede und jeder für sich (und Gott gegen alle), im Licht einsamer Spots und oft bestrahlt von exquisit-trivialen Projektionen zu stand-alones, zu freistehenden – besser vielleicht: unfrei stehenden – Körperschaubildern, die Gesichter unvermittelt in maskenhafte Porträts verwandelt.

Die Entrückung ist eine Grundlage dieser Arbeit, emotional und formal: Dem Übertritt von einer Sphäre in die jeweils übernächste wohnt etwas Gespenstisches inne, aber der Staffellauf der Geschichte, der Sprint durch die beiden vergangenen Jahrhunderte, der auch von der Walzerzerstreuung bis zur Massenvernichtung führt, sorgt für die Dauermobilisierung der in Schwarz und Weiß und grobem Korn, in den Endlosschleifen der frühen Kinematografie bewahrten Phantome. Im Befremdlichen sind wir daheim: im Unheimlichen, das – siehe Freud – länger schon als Destillat aus Vertrautem und Verdrängtem, aus dem Anheimelnd-Heimeligen und dem Heimlichen, verborgen Gehaltenen gelten darf.

So ist diese musikalische Performance auch als existenzielles Stück zu lesen, das davon berichtet, wie mit dem Walzer – links, Mitte, rechts – und also mit der Walze, mit Verve und Rotation, mit Wirbel und Wiederholungszwang reiner Tisch gemacht wird, wie da alles abgeräumt, ruiniert oder eben, je nach Perspektive, ein Befreiungsschlag durchgeführt wurde (und wird), der bereit machte für Neues. Und da sind sie wieder, die alten Zug- und Druckkräfte: der Sog, die Drift, die Unterströmung, die ins Dunkle, unaufhaltsam abwärts zieht. Die Form, die eine solche Subgeschichte annehmen muss, ist feinnervig, notgedrungen verletzbar. Was wären kontemporäre Wahrnehmungsexperimente ohne Risse in der Oberfläche? Undenkbar. Die Zeit ist brüchig, ihre Kunst ist es auch. (Stefan Grissemann)

Eine Produktion von Liquid Loft und PHACE im Auftrag von Johann Strauss 2025 Wien in Kooperation mit REAKTOR

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Event Dates

March 2025
  • Date
    Project
    Location
  • 01.Mar.2025 19:30

    Seid umschlungen, Millionen!

    Johann Strauss 2025 Wien, REAKTOR

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  • 04.Mar.2025 19:30

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